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Zurück zur ÜbersichtZur Nichtigkeit eines Schenkungsteuerbescheids wegen „schwerwiegendem Fehler“ im Sinne der Abgabenordnung
Entrichtet der Schenker die ihm gegenüber festgesetzte Schenkungsteuer in vollem Umfang, so erlischt diese auch mit Wirkung gegenüber dem Bedachten als weiteren Gesamtschuldner und kann daher diesem gegenüber nicht mehr festgesetzt werden. Ein Schenkungsteuerbescheid ist nichtig, wenn ihm auch nach verständiger Auslegung nicht mit hinreichender Sicherheit die Höhe der festgesetzten Schenkungsteuer entnommen werden kann. Dies entschied der Bundesfinanzhof (Az. II R 22/20).
Im Streitfall schenkte ein Vater seinem minderjährigen Sohn in einem Schenkungsvertrag Anteile von je 6,5 % an verschiedenen Gesellschaften, an denen er vorher mit je 15 % beteiligt war. Der Vater behielt sich das lebenslange Nießbrauchsrecht vor. Laut Vertrag übernahm er die anfallende Schenkungsteuer. Daraufhin setzte das Finanzamt Schenkungsteuer fest (rund 6,7 Mio. Euro). Der Bescheid erging für den Vater als Träger der Schenkungsteuer für den Sohn. Gegen diesen Bescheid vom 09.10.2009 wurde kein Einspruch eingelegt. Der Vater zahlte die fällige Steuer fristgerecht. Mit Bescheid vom 26.10.2010 setzte das Finanzamt erneut Schenkungsteuer fest. Ebenfalls an den Vater, aber nur als gesetzlicher Vertreter seines Sohnes. Der Vater zahlte erneut den fälligen Betrag. Gegen diesen Bescheid wurde jedoch Einspruch eingelegt. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens ergingen weitere Änderungsbescheide. Das Finanzamt setzte im Jahr 2017 die Steuer weiter auf 15,8 Mio. Euro herauf. Gegen diese Einspruchsentscheidung erhoben sowohl der Vater als auch der Sohn Klage. Das Finanzgericht trennte das Verfahren gegen den Vater ab, das Finanzamt erließ an ihn eine neue Einspruchsentscheidung. Der Sohn als Kläger beantragte, die Bescheide an ihn aus den Jahren 2010 bis 2017 aufzuheben, da es keine Änderungsbescheide sein könnten, weil der Erstbescheid an den Vater ergangen sei. Das Finanzgericht lehnte die Klage ab. Daraufhin erhob der Sohn im Jahr 2020 die Revision beim Bundesfinanzhof. Mit Gerichtsbescheid vom 23.11.2022 hob der Bundesfinanzhof alle gegenüber dem Sohn erlassenen Bescheide auf. Die drei Änderungsbescheide könnten nicht in einen Erstbescheid gegenüber dem Kläger umgedeutet werden, weil diese Bescheide auch als Erstbescheide rechtswidrig gewesen wären. Daraufhin hob das Finanzamt am 10.05.2023 alle Bescheide gegenüber dem Kläger auf und erließ am gleichen Tag einen neuen Bescheid, in dem es die Steuer auf 15,8 Mio. Euro festsetzte. Dieser „Bruttosteuerbetrag“ wurde dann gemindert um die gestundete Steuer wegen des Nießbrauchs (rd. 5,7 Mio. Euro), die Zahlungen des Vaters (rd. 6,7 Mio. Euro) und um den Ablösungsbetrag für die gestundete Steuer erhöht, sodass eine „festgesetzte Steuer“ von rd. 6,8 Mio. Euro verblieb. Aber auch dieser Betrag musste nicht gezahlt werden, weil er durch „Verrechnung“ mit „Noch zu zahlen“ i. H. v. 0 Euro endete.
Die gegen den neuen Bescheid gerichtete Klage hatte vor dem Bundesfinanzhof Erfolg. Die Richter hoben den Bescheid vom 10.05.2023 wegen Nichtigkeit auf, weil er nicht, wie in § 119 Abs. 1 AO verlangt wird, hinreichend bestimmt war. Ein Verwaltungsakt leidet dann an schweren und offenkundigen Mängeln und ist deshalb nichtig, wenn er inhaltlich nicht so bestimmt ist, dass ihm hinreichend sicher entnommen werden kann, was von wem verlangt wird. Erwerber und Schenker sind Gesamtschuldner der Schenkungsteuer. Entrichtet der Schenker die festgesetzte Schenkungsteuer, erlischt sie insoweit auch mit Wirkung gegenüber dem Beschenktem und kann diesem gegenüber nicht mehr festgesetzt werden. Dies müsse auch aus dem Bescheid ersichtlich sein. Daran fehlte es jedoch vorliegend in dem Schenkungsteuerbescheid. Im Tenor des Bescheids wurde die gesamte Schenkungsteuer festgesetzt, in der Begründung dann jedoch der Betrag herabgesetzt. Es wurde also nicht hinreichend deutlich, dass die Entrichtung der Schenkungsteuer durch den Vater (Schenker) zum Erlöschen der festzusetzenden Steuerschuld gegenüber dem Sohn (Beschenkten) geführt hat. Der Streitfall endete also mit einer Steuer von 0 Euro. Jetzt kann der Vater noch einen Erstattungsantrag gem. § 37 Abs. 2 Satz 2 AO stellen. Damit entgeht dem im Urteil nicht namentlich bezeichneten Finanzamt ein Steuerbetrag zwischen 10 und 15 Mio. Euro, weil aus dem Steuerbescheid nicht eindeutig hervorgeht, in welcher Höhe die Steuer gegen welchen Steuerschuldner festgesetzt wurde.
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