Aktuelles aus Steuern und Recht
Ausgewählte Nachrichten aus Steuern und Recht - haben Sie hierzu Fragen? Dann nehmen Sie gern Kontakt mit uns auf.
Infothek
Zurück zur ÜbersichtRückwirkend entfallende Gemeinnützigkeit bei Verstoß gegen die Vermögensbindung
Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass einer Stiftung die Gemeinnützigkeit rückwirkend zu versagen ist, wenn sie nach Auflösung aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation nicht mehr in der Lage ist, ihre gemeinnützigen Ziele zu verfolgen (Az. 13 K 1127/22 K).
Eine in Liquidation befindliche Stiftung wurde von einem im Jahr 1999 verstorbenen Ehepaar durch Erbvertrag als Erbin eingesetzt. Die Erbschaft war mit einem Vermächtnis zugunsten der unter Betreuung stehenden Tochter des Ehepaares in Form einer monatlichen Rente und einem Nießbrauchsrecht an einem Grundstück belastet. Nach ihrer Satzung förderte die Stiftung wissenschaftliche Arbeiten, Projekte und Einrichtungen bei Universitäten und war deshalb zunächst als gemeinnützig anerkannt. Ferner war in der Satzung geregelt, dass im Fall der Aufhebung der Stiftung ihr Vermögen an eine bestimmte steuerbegünstigte Gesellschaft auszukehren sei. Nachdem sich die wirtschaftliche Lage der Klägerin erheblich verschlechtert hatte, hob die Stiftungsaufsicht die Stiftung im Jahr 2018 auf, da die immer geringer werdenden Kapitalerträge nicht mehr ausreichten, um den Verpflichtungen gegenüber der Tochter nachzukommen und die satzungsmäßigen Zwecke zu erfüllen. Es drohe der vollständige Verbrauch des Stiftungsvermögens bis zum Jahr 2037. Das Finanzamt erließ daraufhin rückwirkend für zehn Jahre Körperschaftsteuerbescheide, mit denen es die von der Stiftung erzielten Kapitaleinkünfte der Besteuerung unterwarf. Dabei berief es sich auf § 61 der Abgabenordnung, denn die satzungsmäßige Vermögensbindung sei bei Wegfall der Gemeinnützigkeit nicht eingehalten worden.
Das Finanzgericht Münster hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen, da die Stiftung gegen den Grundsatz der Vermögensbindung verstoßen habe. Nach ihrer Satzung sei zwar eine steuerbegünstigte Körperschaft als Anfallberechtigte genannt. Tatsächlich habe die Stiftung ihr Vermögen nach Auflösung nicht an die Anfallberechtigte ausgekehrt und es sei auch nicht absehbar, dass dies geschehen werde. Dass sich die Stiftung aufgrund der fehlenden Mitwirkung des Betreuers der Tochter der Erblasser hinsichtlich einer Ablösung der Rentenverpflichtung in einem Dilemma befinde, ändere an der rechtlichen Beurteilung nichts. Die gesetzliche Anordnung der Nachversteuerung setze kein Verschulden voraus und räume der Behörde auch kein Ermessen ein. Eine einschränkende Auslegung des Gesetzes sei ebenfalls nicht geboten, denn die Nachversteuerung sei der „Preis“ für die freie Verwendung des bereits steuerbegünstigt gebildeten Vermögens. Hinzu komme, dass die Stiftung keine strikte Vermögenstrennung zwischen dem gemeinnützigen Bereich und der Erfüllung des Vermächtnisses vorgenommen habe.
Auf die gegen das Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesfinanzhof die Revision zugelassen, die dort unter dem Aktenzeichen V R 27/25 anhängig ist.
Zurück zur ÜbersichtDie Fachnachrichten in der Infothek werden Ihnen von der Redaktion Steuern & Recht der DATEV eG zur Verfügung gestellt.


